……… … fühlt sich die SPD verpflichtet, so deren Führungstrio. Gemeint ist der Posten des EU-Kommissionspräsidenten, denn sonst müsste man wohl fragen: Und wie sieht es in Bremen aus?
In Bremen kam für die SPD eine Koalition mit dem Wahlsieger CDU und deren Spitzenkandidaten nicht in Frage, so dass die Partei mit den meisten Stimmen in die Opposition geht und deren Spitzenkandidat ausfällt. Das ist auch völlig legitim. Lieber war der SPD eine Koalition mit dem Bündnis 90 und der Linken. Aber der Spitzenkandidat der SPD wird NICHT Bürgermeister. Wie sehr fühlt sich die SPD dem Prinzip des Spitzenkandidaten verpflichtet? Wird nun Bürgermeister einer der Spitzenkandidaten von Bündnis 90 oder der Linken? Oder will man bei der SPD dann doch lieber einen SPD-Bürgermeister und fühlt sich prinzipiell dem Prinzip des Spitzenkandidaten nicht so sehr verpflichtet?
Sprechen die Genossen noch miteinander? Das darf man vielleicht großzügig mit „Nein“ beantworten. Frans Timmermans erhielt mehr Unterstützung der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel als vom SPD-Führungstrio. Es scheint, die Genossen glaubten, die Sache sei schon ausgemacht, denn Katarina Barley kündigte an, als Vize-Präsidentin für das EU-Parlament zu kandidieren, weil sie mit Frans Timmermans als Kommissionspräsident und Manfred Weber als Parlamentspräsident rechnete.
Manfred Weber hatte seine Chance schon vertan, als er erklärte, nicht Kommissionspräsident werden zu wollen, wäre er auf die Stimmen von rechtsaußen angewiesen. Da mag sich die CSU noch so sehr darüber ärgern, dass Angela Merkel den CSU-Politiker nicht unterstützen konnte – gegen Rechtsaußen aus Polen und Ungarn oder Liberale aus Frankreich ließ sich Herr Weber nur mit Hilfe der Sozialdemokraten durchsetzen, die aber nichts dafür taten.
Wenn sich die SPD jetzt über Ursula von der Leyen lauthals aufregt (Sigmar Gabriel soll sogar zum Koalitionsbruch aufgerufen haben), ist das reiner Theaterdonner. Hätten sich die Sozialdemokraten stärker für ihren Spitzenkandidaten und dementsprechend für Manfred Weber zum Parlamentspräsidenten eingesetzt, müssten sie jetzt nicht heucheln, ihnen sei Spitzenkandidatur prinzipiell, aber nicht grundsätzlich wichtig.
Sobald die SPD „Spitzenkandidat“ sagt, denkt man am besten „Bremen“. Die SPD kann ja durchaus damit recht haben, dass die Wähler in Deutschland grenzdebil sind. Aber selbst wer halb-lala ist, wird der politischen Heuchelei auf die Schliche kommen, wenn EU-Kommissionspräsident und Bürgermeister von Bremen in einer Nachrichtensendung auftauchen.
Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass bei irgendwelchen Koalitionsverhandlungen Kameras dabei waren. Hatte die SPD nicht nach der letzten Bundestagswahl erklärt, nicht dieselben Fehler machen zu wollen wie bei den Jamaica-Verhandlungen? Gemeint war, dass jeder Teilnehmer der Jamaica-Verhandlungen munter ausplauderte, was gerade vorher passiert war. Das wollte die SPD nicht und hat die Koalitionsverhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt.
Prinzipien – wenn sie denn unbedingt sein müssen – sollte eine Partei konsequent auf allen Ebenen durchhalten – vom kleinsten Ortsteil bis Europa. Parteien, die nur dann auf Prinzipien pochen, wenn sich deren Politiker Vorteile davon versprechen, sollte man gar nicht wählen – egal, ob AfD oder SPD.