Wat denn nu schon wieder?

Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat sich darüber beschwert, dass der geschäftsführende Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) eine in sein Ressort fallende Entscheidung gegen ihren ausdrücklichen Wunsch  getroffen habe; er habe sich nicht an Absprachen gehalten.

Nachdem Martin Schulz am 24.09. um kurz nach 18.00 Uhr verkündete, in die Opposition zu gehen, hatte ich mit dem Rücktritt der SPD-Minister gerechnet. Die ständigen Wiederholungen der Absage an eine Koalition mit der Union weckten die Hoffnung, die SPD würde es ernst meinen. Ich kann auch verstehen, dass die SPD abwarten wollte, dass eine Jamaika-Koalition zustande käme. Andrea Nahles hätte, wenn sie von einer erneuten Koalition mit der Union  ausgegangen wäre, nicht ihr Bundesministerium Katarina Barley überlassen; Nahles wäre sich sicher zu schade, die „Opperfrau“ der nächsten Union-SPD-Koalition zu sein. Bis jetzt (mehr als zwei Monate nach der Bundestagswahl) ist die SPD immer noch nicht in der Opposition angekommen.

Der bisherige Koalitionsvertrag jedenfalls ist ausgelaufen: Das gesamte Kabinett ist nur noch geschäftsführend im Amt. Ein neuer Bundeskanzler, der Minister ernennen könnte,  ist nicht gewählt. Zwischen der Union und der SPD gibt es auch keine „Absprachen“, weil die SPD sich geweigert hat, neue zu treffen.

Ich mochte Hendricks ganz gerne als Ministerin, aber dieses heutige Gejammer in die Kameras war unnötig und peinlich: Es war Hendricks‘ Partei, die Glyphosat hätte verhindern können. Oder hat das jemand ernsthaft von der Union erwartet?  Die SPD hatte zwei Monate Zeit, sich im Klaren zu werden, was sie will. Die Zeit verstrich offenbar ungenutzt, denn langsam stöhnen auch einfache SPD-Mitglieder (wie mein Chef): „Wat denn nu schon wieder? Können die nicht einfach mal die Klappe halten?“

 

Nachtrag am 28.11.2017: Ich habe soeben gehört, dass Ralf Stegner (SPD-Vize) und Hendricks behaupteten, die Geschäftsordnung der Bundesregierung bestimme, dass bei Meinungsverschiedenheiten der federführende Bundesminister seine Tätigkeit einzustellen habe (hier also die Abstimmung zu unterlassen). Ein Blick in diese Geschäftsordnung macht deutlich, dass es sich dabei wohl nur um einen „Irrtum“ handeln kann: Nichts dergleichen steht in der Geschäftsordnung, die die Bundesregierung zum Download bereit stellt (wäre ja auch ein Ding, wenn irgendein Minister den Fachminister so einfach ausbremsen könnte). Hendicks hätte einen Beschluss der Bundesregierung herbeiführen müssen. Ich nehme an, dass es im Koalitionsvertrag gestanden hat, dass sich die Vertragsparteien enthalten, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt („keine wechselnden Mehrheiten“). Hendricks ist erst am Tag der Abstimmung aus dem Mustopf gekommen und hat wohl gemerkt, dass es nichts mehr ist mit dem Koalitionsvertrag und dass sie irgend etwas unternehmen muss. Aber daraus jetzt einen Streit zwischen den Ministern zu machen, ist ja noch viel peinlicher.